Erinnerungen: Messermord

Generalmajor i.R. Manfred Schmidbauer erinnert sich an die Vorgänge rund um den Messermord.

In dieser Vitrine sind aus Platzgründen drei voneinander unabhängige Kriminalfälle dargestellt.

Mord:

In der Vitrine rechts unten der präparierte Totenschädel mit dem Stilett als Beweismittel. Am 26. Oktober 1941 wurde in einem Heustadel in Bad Ischl die stark verweste Leiche des Vitus K. gefunden. Da Ersticken im Heu angenommen wurde, erfolgte zunächst nur eine oberflächliche Leichenbeschau. Erst Monate später ergaben sich im Zuge kriminalpolizeilicher Ermittlungen durch die Gendarmen des Gendarmeriepostens Bad Ischl Bedenken an der Todesursache, weshalb eine Exhumierung und eine daran anschließende Obduktion angeordnet wurden. Dabei ergab sich, dass der Totenschädel einen Messerstich aufwies und der Penis fehlte. Bei den folgenden umfangreichen Erhebungen konnte schließlich Harry L. ausgeforscht werden, der zugab, in der Nacht zum 11. September 1941 im erwähnten Heustadel K. ermordet zu haben, weil dieser seine homosexuellen Annäherungen abgewiesen hatte. Den letzten Beweis erbrachte die Tatwaffe, ein Stilett, welches er noch in seinem Besitze hatte und genau in die Wunde passte.

Samuraikampf:

Auf der linken Seite sehen Sie Tatortfotos nach einer Vietnamesenfehde und ein Samuraischwert, welches als Tatwaffe verwendet wurde. Am 9. Mai 1991 kam auf der Haidfeldstraße in Leonding/Doppl zwischen zwei verfeindeten vietnamesischen Clans zu einer Auseinandersetzung, die auch mit Schwertern geführt wurde. Es gab einen Toten, einen Schwerverletzten und drei Verletzte. Die Täter flüchteten mit einem PKW in Richtung Linz. Für einen Gendarmeriebeamten des Postens Leonding sah die Situation vorerst nach einem schweren Verkehrsunfall aus, er nahm aber sofort die Verfolgung auf und konnte kurz darauf in Zusammenarbeit mit Beamten der Gendarmeriekriminalabteilung die Täter verhaften.

Bankraub:

Im Zentrum der Vitrine sehen sie Zeitungsberichte über diesen Fall. Mehrfach Fotos von Manfred G., nach dem ja gezielt gefahndet wurde. Auf der rechten Seite sehen Sie Aufnahmen vom Lokalaugenschein. Ein Beamter der Gendarmeriekriminalabteilung demonstriert, wie der Bankräuber über das Kassenpult gehechtet ist. In der Mitte unten die Tatwaffe.

Zum Tatablauf: Am 7. Oktober 1975, um ca. 17.30 Uhr verübte ein vorerst unbekannter Täter einen Raubüberfall auf die Raiffeisenkasse in Zell am Moos. Der etwa 20 Jahre alte, nicht maskierte Mann betrat kurz vor Kassenschluss den Kundenraum, bedrohte die allein anwesende Angestellte mit einer Faustfeuerwaffe und forderte die Herausgabe von Geld. Da die Frau nicht sofort reagierte, zwang er sie, sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden zu legen. Anschließend sprang er mit einem Satz über das Schalterpult und raubte das in den Kassen befindliche Geld in in- und ausländischer Währung im Gesamtbetrag von 180.000,–Schilling. Der Täter flüchtete zu Fuß. Die sofort eingeleitete Alarmfahndung war insofern erfolgreich, weil in einem nahe gelegenen Waldstück ein aufgebautes Zelt gefunden und ein in Vorarlberg gestohlenes Motorrad der Marke Kawasaki sichergestellt werden konnte. Aufgrund der Situation war anzunehmen, dass der Bankräuber von dort zum Überfall aufgebrochen ist und wegen der schnell eingeleiteten Fahndungsmaßnahmen seinen Unterschlupf nicht mehr erreichen konnte. Da der Täter nicht maskiert war, konnte die Überfallene eine sehr gute Personsbeschreibung abgeben. Im Zuge der nun folgenden Erhebungen wurde bekannt, dass im Frühjahr 1975 der 23jährige Manfred G. im Raume Mondsee eine größere Anzahl von Straftaten verübt hatte. Er verübte mehrere Wochenendhauseinbrüche und stahl Autos. Ein Auto zündete er an, ein weiteres versenkte er im Attersee. Diese Aktionen setzte er um seine Spuren zu verwischen. Von diesem Burschen war bekannt, dass er sich nach Vorarlberg abgesetzt hatte. Da die Personsbeschreibung exakt auf Manfred G. passte und das sichergestellte Motorrad in Vorarlberg gestohlen wurde, erhärtete sich der Tatverdacht. Aus einer Reihe von Fotos aus der erkennungsdienstlichen Kartei konnte die Bankangestellte Manfred G. einwandfrei als jenen Mann identifizieren, der sie überfallen hat. Nun konnte konzentriert und zielgerichtet nach dem Bankräuber gefahndet werden. Im Fernsehen und in den Zeitungen wurde sein Bild veröffentlicht und die Bevölkerung um Hinweise ersucht. Manfred G. war nach dem Bankraub durch die Wälder bis nach Oberwang geflüchtet. Dort brach er in ein um diese Jahreszeit unbewohntes Wochenendhaus ein, das ihm vorerst als Unterschlupf diente. Zum Essen ging er in das nahe gelegene Gasthaus mit Fremdenpension der Familie W. Vorerst schöpften die Wirtsleute keinen Verdacht. Der Bursche machte einen äußerst netten Eindruck. Die Wirtin Theresia W., fragte auch einmal nach seinen persönlichen Verhältnissen. Er sagte, dass er aus der Steiermark stamme und in Salzburg Nautik studiere. Diese Aussage machte die clevere Wirtin stutzig. In Salzburg Nautik studieren, das gibt es wohl nicht. Inzwischen erschien auch in den Zeitungen das Foto des gesuchten Bankräubers. Obwohl die Wirtin fast sicher war, dass es sich bei ihrem Gast um Manfred G. handelte, konnte sie kaum glauben, dass dieser nette junge Bursche ein Bankräuber sein sollte. Für alle Fälle aber schickte sie ihren Gatten zum nächsten Telefon mit dem Auftrag, die Gendarmerie zu verständigen. Im Jahre 1975 gab es nämlich im Gasthaus noch keinen Telefonanschluss. Als die Gendarmen eintrafen, war der Bursche nicht mehr im Lokal. Die Beamten waren auch sehr skeptisch, ob es sich wirklich um G. gehandelt habe. Am nächsten Tag kam G. wieder in das Gasthaus. Dabei hat er mitbekommen, dass ein deutsches Urlauberehepaar kurz vor der Abreise stand.

Er verließ sofort das Lokal und stellte sich an die nächste Straßenkreuzung, erwartete dort das deutsche Urlauberauto, stoppte dieses und ersuchte bis Salzburg mitfahren zu dürfen. Der deutsche Urlaubsgast, Oskar L. aus Coburg und seine Gattin nahmen G. im Auto mit. Oskar L. hatte im Gasthaus sehr wohl mitbekommen, dass sein Fahrgast ein Bankräuber sein dürfte. Er blieb deshalb im Ortsgebiet Oberwang stehen und sagte zu einem Gemeindebediensteten, dass er den Bankräuber im Auto habe. Dieser schüttelte nur ungläubig den Kopf. Daraufhin fuhr der Deutsche wieder zurück zum Gasthaus W. Zu seinen Fahrgästen sagte er, dass er etwas vergessen habe. In der Pension sprach er nochmals mit der Wirtin, ob es sich wirklich um den Bankräuber handle. Aber diese war sich auch wieder unschlüssig, ob der liebe, nette Bursche tatsächlich der Bankräuber sei. Oskar L. fuhr daraufhin in Richtung Salzburg. Er machte absichtlich eine Reihe von Verkehrsübertretungen, in der Hoffnung, dass er von einer Gendarmerie- oder Polizeistreife gestoppt werde. Aber wie heißt es so oft: „Wenn man sie braucht, sind sie nicht da.“ Der Wunsch erfüllte sich also nicht. Im Bereich Freilassing verlangte G. aussteigen zu dürfen. Er wollte für die Mitfahrt noch einige 100,– DM-Scheine ins Auto legen. Das Ehepaar L. nahm jedoch nichts an. Bei der nächsten Polizeidienststelle meldeten sie den Vorfall. Am Abend dieses Tages kam ich mit meinem Kollegen Karl H. im Zuge unserer Fahndungsstreife in das Gasthaus W. Dort erfuhren wir von der Wirtin den geschilderten Ablauf. Mein Kollege und ich waren einigermaßen frustriert, weil uns Manfred G. wieder knapp entgangen ist. Dieser dürfte, wie sich später herausstellte, von Freilassing nach Vorarlberg gereist sein. Am 21. November 1975 wurde Manfred G. wieder im Bereich Oberwang gesehen. Wir vermuteten, dass er einen Teil der Beute bei seiner Flucht in den Wäldern versteckt hatte und diese abholte. Am 23. November 1975, vormittags, wurde G. von Passanten in Oberwang erkannt, als er im Gasthaus Neumeier einkehrte und dort ein Taxi für eine Fahrt nach Mondsee verlangte. Der Gemeindebedienstete G. verständigte sofort die Gendarmerieposten Mondsee und Unterach am Attersee, dass der gesuchte Bankräuber von Zell am Moos in Oberwang sei und mit dem Taxi nach Mondsee wolle. Der Taxiunternehmer Wilhelm F., der die Fahrt übernommen hatte, wurde vom Sachverhalt in Kenntnis gesetzt. Georg M. vom Gendarmerieposten Mondsee, der sich zu dieser Zeit im Außendienst befand, fuhr sofort nach Loibichl und besetzte die Straßenkreuzung, welche das Taxi auf der Fahrt nach Mondsee passieren musste. Er hielt das Taxi an und kontrollierte den Insassen. Inzwischen traf auch die Patrouille aus Unterach am Attersee zur Verstärkung ein. Die Überprüfung ergab, dass es sich tatsächlich um den gesuchten Bankräuber Manfred G. handelte. Er wurde vorläufig festgenommen und von den Gendarmen Alfred J. und Otto F. zum Gendarmerieposten Unterach am Attersee gebracht und dort den Beamten der Gendarmeriekriminalabteilung übergeben. Bei der Personsdurchsuchung konnten noch 125.000,– Schilling von der Raubbeute sichergestellt werden. Der so liebe und nette junge Mann entpuppte sich bei der Vernehmung als beinharter „Steher“, das heißt, dass ihm kein Geständnis abzuringen war. Er wurde noch am selben Tag in das Gefangenenhaus des Kreisgerichtes Wels eingeliefert. Am nächsten Tag schickte ich die Kollegen Karl W. und Karl H. zur weiteren Vernehmung in das Gefangenenhaus. Und wiederum die gleiche Situation wie am Vortag. Manfred G. war zu keiner Aussage zu bewegen. Was G. bis dahin noch nicht wusste war, dass seine einzige Bezugsperson, seine Großmutter, Selbstmord verübte als sie von den Straftaten ihres Enkels erfuhr. Sie hatte sich vor einen Zug geworfen. Nun wurde ihm von den Beamten dieser Umstand vorgehalten und aufgefordert, er möge doch wenigstens jetzt reinen Tisch machen und nach der Verbüßung der Haftstrafe ein ordentliches Leben beginnen. Aufgrund dieser Nachricht zeigte er zum ersten Mal eine menschliche Regung. Er sagte den Beamten zu, er werde sich alles überlegen. Sie sollten am Nachmittag wiederkommen, dann werde er ein Geständnis ablegen. Als die Beamten am Nachmittag wieder ins Gefangenenhaus zur Fortführung der Vernehmung kamen, wurde ihnen mitgeteilt, Manfred G. habe sich in seiner Zelle erhängt. So fand dieser Aufsehen erregende Bankraub ein trauriges Ende. Ich habe auch diesen Fall in meinem Buch: „Mörder, Räuber & Gendarm“ beschrieben.