Erinnerungen: Alfred E.

Generalmajor i.R. Manfred Schmidbauer erinnert sich an den Fall von Alfred E. “Die Bestie von Sierning”.

Die erste Vitrine zeigt Fotos, Kleidungsstücke und sichergestelltes Beweismaterial aus einem der Aufsehen erregendsten Kriminalfälle der 1950er Jahre in Österreich. Interessant das Foto des letzten Opfers, Herta S. Das Fahrrad und die Uhr des Täters waren jene Beweismittel, die zur Identifizierung des Mörders Alfred E. führten. Ganz rechts in der Vitrine das Farbfoto aus dem Jahre 1993, das letzte Foto von Alfred E., er wurde von einer Prostituierten erstochen. Im gegenüber liegenden Pultschaufenster können sie weitere Fotos zu diesem Fall sehen. Interessant sind auch die handschriftlichen Briefe, aus dem Gefängnis. Da der Fall E. viele Tatorte umfasst, gebe ich ihnen vorerst zum besseren Verständnis eine Kurzfassung dieser Verbrechensserie: In den 1950er Jahren herrschte im Umkreis von Steyr, Sierning und Bad Hall große Angst und Verunsicherung. Ein Sexualmörder und Triebtäter trieb in dieser Region sein Unwesen. Die „Bestie von Sierning“ – unter dieser Bezeichnung ging der 1920 in Sierning geborene und nur 1,58 Meter große Alfred E. in die O.Ö. Kriminalgeschichte ein. Sein Motiv war ein abgrundtiefer Frauenhass. Er wollte die Frauen durch die Vergewaltigungen demütigen. Seine Tathandlungen folgten immer einem gleichen Muster. Er spionierte Frauen aus, die in der Dunkelheit auf wenig befahrenen Straßen entweder zu Fuß oder mit einem Fahrrad unterwegs waren. Dann fuhr er mit seinem Fahrrad parallel zu seinen Opfern, schlug ihnen mit einem Maurerfäustel so heftig auf den Kopf, dass sie entweder bewusstlos oder doch so benommen waren, dass sie sich nicht mehr wehren konnten. Anschließend schleifte er die Frauen von der Straße weg in das angrenzende Gelände. Dort erfolgte dann die Vergewaltigung. Sollte eine Frau noch Lebenszeichen von sich geben, schlug er mit dem Maurerfäustel wiederholt zu. Es sollte aber sechs Jahre dauern, bis diesem Verbrecher sein bestialisches Handwerk gelegt werden konnte. Diese Verbrechen haben in der Öffentlichkeit so großes Aufsehen erregt, dass der Fall sogar verfilmt wurde. Der Titel dieses Filmes: „Gestehen Sie, Dr. Corda“ mit den bekannten Schauspielern Hardy Krüger und Siegfried Lowitz. Darin wird Bezug genommen, dass vorerst ein Arzt als Täter verdächtigt wurde. Übrigens, den Arzt Dr. Günther H. habe in späteren Jahren persönlich kennen gelernt. Er wurde mir im Rahmen meines Vortrages vor einer Akademikervereinigung von einem Staatsanwalt vorgestellt. Für mich war es schon etwas Besonderes mit dem schon betagten Arzt über die vergangenen Erlebnisse zu reden.

Die Chronologie der Verbrechen:

31.07.1951: Elfriede K. wird von Alfred E. in Sierninghofen niedergeschlagen und schwer verletzt. Motorengeräusche und ein Scheinwerferkegel treiben den Täter in die Flucht.

23.08. 1955: Margarete B. wird in Mühlgrub, zwischen Bad Hall und Waldneukirchen niedergeschlagen. Vorbeifahrende PKW bewegen den Verbrecher zur Flucht.

06.11.1955: Gertrude B. wird in Niedergleink bei Dietach niedergeschlagen. Das Opfer kann den Täter durch massive Gegenwehr in die Flucht schlagen.

10.11.1955: Bernhardine Margarete F. wird von Alfred E. in der Nähe des Krankenhauses Steyr ermordet und vergewaltigt.

10.06.1957: Herta F. wird von Alfred E. in Sierning ermordet und missbraucht.

15.06.1957: Herta S. wurde nächst Hehenberg bei Bad Hall vom Triebtäter niedergeschlagen. Alfred E. wurde durch einen vorbeikommenden Motorradfahrer gestört und musste fliehen. Diese überstürzte Flucht wurde schließlich dem Verbrecher zum Verhängnis. Er musste eine Reihe von Beweismittel am Tatort zurücklassen. Insbesondere das Fahrrad und die Uhr, die ihm beim Kampf mit dem Opfer von der Hand gerissen wurde führten zur Identifizierung des Täters Alfred E. Dem Mörder aber gelang die Flucht. Er gelangte vorerst zu Fuß, später mit der Bahn ins nördliche Niederösterreich. Er wollte über die Tschechoslowakei in die Sowjetunion. In der Nähe der Grenze sah er in einer eingezäunten Baumschule sechs leicht bekleidete Frauen und ergötzte sich daran. Da wurde er von einer Frau entdeckt. Sie fing an zu schreien rief den in der Nähe befindlichen Forstwart zu Hilfe. Da seine Ausreden unglaubwürdig waren, machte sich der Forstwart mit dem Verbrecher auf den Weg zur Zollwachstation, um ihn dort überprüfen zu lassen. Auf dem haben Weg dorthin gab Alfred E. auf und sagte: „Du hast einen schönen Fang gemacht mit mir. Auf meinen Kopf sind 10.000,- Schilling ausgesetzt – ich bin der Mörder Alfred E.“. Alles andere war dann ein routinemäßiger Ablauf. Alfred E. wurde zu lebenslangem Kerker, verschärft durch ein hartes Lager und einen Fasttag vierteljährlich verurteilt. Ende der 1980er Jahre wurde er bedingt entlassen. Und es ist wohl eine Ironie des Schicksals. 1993 stirbt er durch Frauenhand. Eine Prostituierte hatte ihm ein Messer in den Rücken gerammt. Das Tatortfoto können sie in der Vitrine am rechten Rand sehen. Für mich interessant ist, dass jene Beamte der Kriminalabteilung die bei Aufklärung dieses Aufsehen erregenden Falles eine besondere Rolle gespielt haben, noch im Dienst waren, als ich als junger Offizier zur Kriminalabteilung kam. Ich denke dabei an August E., Walter K. und Norbert S. Übrigens, Norbert S. hat das letzte Opfer geheiratet.

Der Fall Alfred E. – die Details:

10. November 1955. An diesem Tag verschwand aus dem Steyrer Krankenhaus die 25jährige Krankenschwester Bernhardine F. Suchaktionen verliefen vorerst negativ. Aufgrund von Hinweisen des Narkosearztes Dr. Günther H., dem ein Verhältnis mit der Krankenschwester nachgesagt wurde, konnte die Gesuchte kaum neunhundert Meter vom Krankenhaus entfernt gefunden werden. Die Suchmannschaften fanden die entblößte Leiche. Die Krankenschwester war erschlagen und offensichtlich missbraucht worden. Der Narkosearzt, dem tatsächlich ein Verhältnis mit Bernhardine F. nachgewiesen werden konnte, kam unter schweren Mordverdacht. Zeugen hatten seinen grauen Ford in der Nähe des Tatortes gesehen. Zudem passten die Ausmaße der Fußplatte seines Wagenhebers genau zur Schädelverletzung des Opfers. Im Zuge der Vernehmungen verstrickte sich der Arzt immer mehr in Widersprüche, so dass er in Untersuchungshaft genommen wurde, die 187 Tage dauern sollte. Erst als zwei Gerichtsmediziner feststellten, dass der Wagenheber als Tatwaffe ausscheidet und die Beschädigungen an der Wäsche und die Verletzungen am Unterleib der Krankenschwester zweifellos von einem Lustmörder herrührten, wurde er aus der Haft entlassen. Nun wurde die Suche nach einem Triebtäter auch auf die Umgebung von Steyr ausgedehnt. Dabei wurde festgestellt, dass es bereits eine Reihe von ungeklärten Sexualattentaten auf Frauen gab, die alle das gleiche Ablaufmuster hatten. So wurde bereits am 31. Juli 1951, um 22.15 Uhr Elfriede K. im Bereich Sierninghofen von einem kleinwüchsigen Radfahrer mit einem Hammer niedergeschlagen und schwer verletzt. Ein vorbeikommender Motorradfahrer rettete ihr das Leben. Der Unhold konnte unerkannt entkommen. Am 23. August 1955, gegen 21.00 Uhr ging die bildhübsche 27jährige Krankenschwester Margarete B. auf einer Landstraße im Bereich Mühlgrub. Ein Radfahrer versetzte ihr an einer geeigneten, unverbauten Stelle von hinten mit einem Maurerfäustel einen fürchterlichen Schlag auf den Hinterkopf. Der Täter schleifte sein Opfer ein Stück in die angrenzende Wiese. Dort legte er sie auf den Rücken. Als sie sich aufsetzen wollte, schlug er nochmals brutal mit dem Fäustel zu. Dann zog er ihr das Höschen aus und wollte sie durch einen Geschlechtsverkehr erniedrigen. Gott sei Dank kam gerade noch zur rechten Zeit ein Auto aus Richtung Bad Hall, dessen Scheinwerfer die grausige Szene gespenstisch beleuchtete. Der Gewalttäter befürchtete entdeckt zu werden und konnte unerkannt entkommen. Die Krankenschwester musste schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht werden. Am 6. November 1955, um 18.00 Uhr war die 24jährige Fabriksarbeiterin Gertrude B. mit ihrem Fahrrad im Bereich Dietach unterwegs. Auf offenem Gelände wurde sie von einem kleinen dämonischen Mann mit dem Fahrrad verfolgt. Als er mit der Frau auf gleicher Höhe war, holte er mit dem Maurerfäustel zum Schlag aus und traf damit den Hinterkopf. Dabei verfing sich sein Fahrrad mit dem des Opfers. Beide kamen zu Sturz. Die Frau setzte sich so heftig zur Wehr und schrie aus Leibeskräften.

Daraufhin flüchtete der Frauenschreck. Am Tatort konnte ein Mantelknopf des Täters sichergestellt werden. Die Frau war zwei Wochen im Krankenhaus in stationärer Behandlung. Bereits vier Tage später erfolgte sein nächster Angriff. Also jener, der dem Narkosearzt Dr. Günther H. vorerst angelastet wurde. Am 10. November 1955, gegen 20.00 Uhr fuhr der gefürchtete Frauenschreck mit seinem Fahrrad von Steyr in Richtung Sierninghofen. Er beobachtete eine Frau, die Richtung Gründberg ging. Es war die die 25jährige schwarzhaarige adrette Narkoseschwester Bernhardine F. die mit dem Narkosearzt Dr. Günter H. auf dem üblichen Treffpunkt verabredet war. Er wartete, bis die Frau von den letzten Häusern weit genug entfernt war, Dann fuhr er von hinten an das Opfer heran, hob die Waffe und schlug zu. Die Krankenschwester sank zu Boden. Er warf sein Fahrrad in den Straßengraben. In weiterer Folge zerrte er sein Opfer hinter ein Gebüsch. Nachdem Bernhardine F. zu schreien begann, versetzte er ihr nochmals einen Schlag mit dem Fäustel. Jetzt gab das Opfer keinen laut mehr von sich. Er zog die röchelnde Frau über ein Wiesenstück bis zu einem Steig, der zum Ufer des Steyrflusses führte. Die Frau kam wieder zu sich und wollte schreien. Deshalb knebelte er sie mit einem schwarzen Wollstrumpf. Als das nichts nützte, schlug er ihr wieder mit dem Fäustel auf den Kopf. Dann riss er dem Opfer die Kleider vom Leib und versuchte es zu vergewaltigen. Als ein Auto vorbeifuhr deckte er mit dem Mantel seines Mordopfers den entblößten Körper zu und hastete zu seinem Fahrrad. Bernhardine Margarete F. aber war noch nicht tot. Sie zog sich den Knebel aus dem Mund, konnte sich noch einmal erheben und durch die Finsternis schwanken. Sie schleppte sich aber offensichtlich in die falsche Richtung und stürzte fünf Meter tief zum Steyrfluss ab. Dort musste sie langsam sterben. Sie wurde erst zwei Tage später gefunden. Bei der Obduktion wurden acht schwere Kopfwunden festgestellt. Am 10. Juni 1957, gegen 21.00 Uhr im Bereich von Neuzeug beobachtete der Lustmörder die 22jährige Fabriksarbeiterin Herta F., die sich auf dem Heimweg befand. Er überholte mit seinem Fahrrad die Frau, dabei schlug er ihr mit dem Maurerfäustel auf den Hinterkopf. Die Frau sank zu Boden. Der Täter warf sein Fahrrad in das angrenzende Weizenfeld und zerrte das Opfer im Krebsgang vom Weg fort und hinein ins Weizenfeld. Doch die Frau kam wieder zu Bewusstsein und fing an zu schreien. Er steckte ihr ein Halstuch in den Mund. Anschließend verging er sich an ihr. Da sie sich dabei aber noch gewehrt hatte, hatte er ihr nochmals mit dem Fäustel auf den Kopf geschlagen. Nach vollbrachter Tat zog er den leblosen Körper tiefer in das Weizenfeld und bedeckte ihn mit ausgerissenen Getreidehalmen. Um eine Raubmord vorzutäuschen nahm er seinem Opfer die Handtasche, Armbanduhr und das Halskettchen ab. Nachdem Herta F. in der Nacht nicht heimgekommen ist, wurde eine Suchaktion gestartet. Die Frau wird in einer ausgetretenen Schneise im Weizenfeld tot aufgefunden. Ihr rot getupftes Sommerkleid ist zerrissen und hochgeschoben, der weiße Schlüpfer liegt blutig daneben. Der Kopf der Frau ist bestialisch zerschlagen, im Mund steckt ein Knebel, der sich als halbiertes Kopf- oder Halstuch entpuppte. Es gab eine Reihe von Überprüfungen. Ein Bursche hatte sogar schon ein Geständnis abgelegt. Aber noch während dieser Vernehmung – es war der 15. Juni um 22. 20 Uhr – kam ein Mann in das Inspektionszimmer des Gendarmeriepostens Bad Hall und schrie: „Schnell, schnell ein Überfall“! Dabei stützte er eine blutüberströmte Frau, die Maschinenstrickerin Herta S. Alle waren überzeugt, das war bestimmt der Mörder von Sierning. Ingenieur Wilhelm N. informiert: „Ich habe ihn mit seinem Hammer direkt im Scheinwerferlicht meines Motorrades gesehen. Dann ist er weggelaufen. Vielleicht können wir ihn noch erwischen.“ Eine Großfahndung wurde ausgelöst. Dabei wurde auch der später als Mörder entlarvte Alfred E. kontrolliert. Er ist den Gendarmen bekannt, er darf aber weiter heimwärts gehen, zu seiner schwangeren Frau und seinen drei Kindern, die gegenüber dem Gendarmerieposten im Sierninger Schloss wohnen. Mit Handscheinwerfern wurde nun der Tatort genau abgesucht. Die Bad Haller Landstraße war inzwischen gesperrt worden. Und die Gendarmen wurden fündig. Im Gestrüpp fanden sie ein Herrenfahrrad mit einer Pullmannmütze über dem Sattel und am Gepäcksträger eine Aktentasche. Weiters wurde die Tatwaffe, ein eineinhalb Kilogramm schweres Maurerfäustel gefunden. Aber es gab noch einen weiteren Fund. Eine Chrom-Herrenarmbanduhr mit abgerissenem „Fixo-Flex“ – Band, die der Täter beim Kampf mit dem Opfer verloren haben musste. Diese Fundstücke werden der Sierninger Bevölkerung gezeigt. Ein Lautsprecherwagen informierte. 10.000,- Schilling waren für sachdienliche Hinweise ausgesetzt. Als am 16. Juni der Uhrmachermeister Franz L. sein Geschäft aufsperrt, zeigen ihm zwei Beamte die sichergestellte Uhr. Dieser sieht sie an und sagt spontan: „Die gehört dem Alfred E.“ Der Uhrmachermeister hatte nämlich das „Fixo-Flex“ – Band vor wenigen Tagen montiert. Der nächste Schritt der Gendarmen war die Wohnung der Familie E. Der Gatte war nicht zuhause und auch die Uhr wollte die Frau vorerst nicht kennen. Als der Lautsprecherwagen von Bad Hall nach Sierning kam, rief eine Frau: „Fragen sie doch im Schloss nach, ich glaube das Fahrrad gehört Alfred E.“ Ein Beamter der Kriminalabteilung holte nun die Gattin des Verdächtigen, Berta E., zum Lautsprecherwagen und zeigte ihr das Fahrrad. Sie nickte mit leichenblassem Gesicht: „Ja, das ist das Fahrrad meines Mannes.“ Eine gezielte Großfahndung nach dem Verdächtigen wurde eingeleitet, verlief aber vorerst negativ. In der Werkstätte und in der Wohnung kann inzwischen weiteres Beweismaterial sichergestellt werden.

Die Flucht des Mörders:

Am 16. Juni 1957, um 00.45 Uhr schlich sich der Mörder durch ein Mauerloch aus dem Schloss. Zu Fuß ging er zum OKA-Umspannwerk Neuzeug, wo er eine Bastelwerkstätte eingerichtet hatte. Hier holte er sich aus einer Lade noch 300,- Schilling und steckte sie zu den 800,– Schilling, die er von daheim mitgenommen hatte. Sein Fluchtziel war die Tschechoslowakei und von dort in die Sowjetunion. Über Feldwege schlug er sich über Ternberg nach Amstetten durch. Dort kaufte er sich neue Kleidung und Rasierzeug. Mit dem Zug fuhr er bis St. Pölten, wo er sich eine Straßenkarte für den nördlichen Teil Niederösterreichs kaufte und schrieb auch gleich seinen neuen Namen drauf: „R. Schädl“. In Herzogenburg warf er seinen Identitätsausweis und seinen Schlüsselbund in das Bahnhofsklosett und reiste weiter nach Hadersdorf und Siegmundsherberg. Er schlief in einem Heuschober und fuhr am 18. Juni nach Retz weiter, wo er einen Feldstecher mit eingebautem Kompass, eine rostbraune Jacke und Lebensmittel kaufte. Zu Fuß kam er bis Niederfladnitz. Dort schlief er in einer Scheune. Am Morgen des 19. Juni erkundete er das Gelände für einen günstigen Grenzübertritt. Er erreiche eine eingezäunte Baumschule, sah dort sechs Frauen in leichter Kleidung arbeiten und ergötzte sich daran. Er wollte schon weitergehen, als eine der Frauen direkt auf ihn zukam. Die erschreckte Frau schrie laut, ihre Kolleginnen liefen herbei und riefen den Forstwart Johann H. zu Hilfe. „Was machen sie denn da?“, wollte der stattliche Mann wissen. Die Ausreden des Mörders waren alle so unglaubwürdig, dass der Forstwart misstrauisch wurde. „Kommen sie mit mir, laufen sie nicht davon, ich habe eine Schusswaffe, schwindelte der beherzte Mann. Ungefähr auf dem halben Weg zur zwei Kilometer entfernten Zollwachestation Niederfladnitz drehte sich der Sierninger plötzlich um und sagt: „Du hast einen schönen Fang gemacht mit mir. Auf meinen Kopf sind 10.000,-Schilling ausgesetzt – ich bin der Mörder E.“ Alles andere war ein routinemäßiger Ablauf, die spätere Verhaftung, der Transport nach Wien ins Polizeigefängnis an der Roßauerlände, die langwierigen Vernehmungen. Alfred E. war in allen Fällen geständig. Und am 20. Juni 1957 schreiben die Morgenzeitungen: „Bestie von Sierning gefasst!“, „Mädchenmorde im Plauderton gestanden.“ Am 4. März 1958 begann der Geschworenenprozess. Alfred E. wird zu lebenslangem Kerker, verschärft durch ein hartes Lager und einen Fasttag vierteljährlich verurteilt. Alfred E. hatte sich in verschiedenen Haftanstalten zu einem begnadeten Kunsttischler entwickelt. Im Jahre 1991 wurde er bedingt entlassen. Und es ist wohl eine Ironie des Schicksals. Am 8. April 1993 stirbt er durch Frauenhand. Die Prostituierte Sonja P. hatte ihm ein Messer in den Rücken gerammt.